Als Arzt gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen


Dr. med. Ingrid Heimke

Dresden, den 22.05.20

Sächsische Landesärztekammer

Ihre Antwort vom 11.05.20 auf mein Schreiben vom 19.4.20

Sehr geehrt*,

vielen Dank für Ihre Antwort auf mein Schreiben an Herrn Präsidenten Bodendieck.

Die Frage nach einem wissenschaftlich nachvollziehbaren Impfplan in Bezug auf MMR war ein wichtiger Punkt meiner Kritik. Ich freue mich sehr darüber, dass die SLÄK sich hierfür einsetzt. Schön wäre es, wenn Sie mir kurz skizzieren könnten,  wie Sie konkret vorgehen um hier eine dringend notwendige Korrektur zu erreichen.

In meinem Brief hatte ich aber noch wichtige Punkte der Berufsordnung angesprochen, wie das Gelöbnis, §2 und §7. Hier überzeugt mich Ihre Antwort leider nicht. Auch haben Sie meine drei Fragen am Ende des Briefes nicht ausreichend beantwortet.

„1. Wie bringen Sie die Presseerklärung der SLÄK zum „MSG“ mit der Stellungnahme des deutschen Ethikrates zu einer Impfpflicht vom 27.6.2019 in Einklang?“

Der Deutsche Ethikrat rät in seiner fast 100 Seiten umfassenden Stellungnahme in sehr nachvollziehbarer Weise von einer generellen Impfpflicht aus ethischen Gründen ab. Auch  den Ausschluss ungeimpfter Kinder aus Bildungseinrichtungen lehnt der Deutsche Ethikrat ab (s. Stellungnahme des Deutschen Ethikrates, S. 87, Punkt 11)

Sie schreiben im letzten Absatz: ---------------------------------------------------------------------. Dies ist sozial besser gestellten Familien zweifelsohne problemlos möglich und kann im günstigsten Fall neue gute Erfahrungen für die Kinder bringen. Rein rechtlich bleibt es aber problematisch, einem Teil der Bevölkerung eine Leistung vorzuenthalten, für welche die Ausgeschlossenen bereits in Form von Steuern in Vorkasse gegangen sind. Eine alternative Betreuung ist ärmeren Familien, z.B. Berufstätigen, welche ergänzend ALG II beziehen, nicht möglich. Diese Familien geraten unmittelbar in eine Zwangslage und haben keine Wahlmöglichkeit. Die Kinder müssen entweder auf ein öffentliches Bildungsangebot und soziale Teilhabe verzichten oder auf ihr Selbstbestimmungsrecht.

Diesen Umstand einer indirekten Zwangssituation, als Ärztin zu ignorieren, ist mir nicht möglich.

Was bleibt vom ärztlichen Handeln übrig, wenn wir die ethischen Folgen unseres Handelns verdrängen?

Was macht ein solches Verdrängen mit uns selbst als Mensch?

Die zweite Frage haben Sie leider unbeantwortet gelassen.

„2. Wie kann ich gleichzeitig unserer Berufsordnung und dem geänderten IfSG Folge leisten?“

Sie schreiben, dass die sächsischen Impfempfehlungen keine Bundesgesetze aufheben können. In diesem Punkt stimme ich Ihnen uneingeschränkt zu. Allerdings bin ich der Ansicht, dass unsere Berufsordnung für konfliktbehaftete Situationen, wie die aktuelle Situation eine ist, geschrieben wurde. Der Wert gesellschaftlicher Regeln wird dann  interessant, wenn man für diese selbst einstehen muss.

Offensichtlich besteht zwischen dem verabschiedeten Bundesgesetz und unserer Berufsordnung ein unüberwindbarer Widerspruch. Eines von beiden muss also angepasst werden.

Um den betroffenen Ärzten eine Arbeit im Einklang von Berufsordnung und Bundesgesetz zu ermöglichen, könnte nun die Berufsordnung entsprechend angepasst werden.

Es müsste demnach über eine Streichung von Teilen des Gelöbnisses nachgedacht werden: „Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden“.

Auch wäre §2 zu ändern: „((1) Der Arzt übt seinen Beruf nach seinem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit aus. Er darf keine Grundsätze anerkennen und keine Vorschriften oder Anweisungen beachten, die mit seiner Aufgabe nicht vereinbar sind oder deren Befolgung er nicht verantworten kann. (2) [...]Er hat dabei sein ärztliches Handeln am Wohl der Patienten auszurichten. Insbesondere darf er nicht das Interesse Dritter über das Wohl der Patienten stellen.“

Entfernt werden müsste auch §7:

„(1) Jede medizinische Behandlung hat unter Wahrung der Menschenwürde und unter Achtung der Persönlichkeit, des Willens und der Rechte des Patienten, insbesondere des Selbstbestimmungsrechts, zu erfolgen. Das Recht des Patienten, empfohlene Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen abzulehnen, ist zu respektieren.“

Die Berufsordnung ist vor dem Hintergrund einer schrecklichen Tragödie verabschiedet worden. Dabei denke ich vor allem an die vielen unschuldigen Menschen, welche im vergangenen Jahrhundert durch ungerechtfertigte ärztliche „Behandlungen“ schwerstes Unrecht erlitten haben. Ich denke aber auch an Ärzte, welche ohne ethischen Kompass zu Erfüllungsgehilfen unmenschlicher Gesetze wurden. Geschichte wiederholt sich nicht und man kann eine durch Nötigung oder Zwang erreichte MMR-Impfung sicher nicht mit offensichtlichen Medizinverbrechen vergleichen. Aber es beunruhigt mich doch sehr, dass dieses neue Bundesgesetz routinemäßig, also nicht in epidemiologischen Ausnahmesituationen, mit unserem langjährigem ärztlichen Konsens bricht, dass ärztliche Behandlungen freiwillig geschehen müssen.

Wenn wir Ärzte jetzt nicht auf die Einhaltung unserer Berufsordnung bestehen, haben wir eine schlechte Argumentationsgrundlage, wenn der Gesetzgeber weitere Zwangsbehandlungen beschließt.

Vor diesem Hintergrund halte ich eine Änderung der Berufsordnung für sehr gefährlich. In diesem Fall bleibt nur die Änderung des Bundesgesetzes.

Ich sehe es als Aufgabe der Ärztekammer an, sich dafür einzusetzen, dass ärztliche Behandlungen in Deutschland gemäß der Berufsordnung erfolgen. Das ist ebenso wichtig für die Gesundheit der Patienten wie für die Gesundheit von uns Ärzten.

Ein Bundesgesetz ist kein Naturereignis, welches man bei Praxisuntauglichkeit nicht ändern könnte. Ihre Antwort kommt mir fast ein bisschen so vor, als wollten Sie die ärztliche Verantwortung für die ethischen Folgen unseres Handelns hinter dem Bundesgesetz verstecken?

Aus dem oben Gesagten ergibt sich logisch, dass es für meine dritte Frage in der aktuellen Situation keine praktikable Lösung gibt.

„3. Welche Lösung empfehlen Sie mir als Ärztin konkret, wenn mich Eltern mittels Unterschrift zur Impfung auffordern aber gleichzeitig mündlich deutlich äußern, dass die Einwilligung nur aus einer persönlichen Zwangssituation heraus erfolgt und in Wahrheit die Impfung zum gegenwärtigen Zeitpunkt abgelehnt wird?“

Sie schreiben: „Sie als behandelnde Ärztin können hier nur aus medizinischer Sicht eine Impfung empfehlen, die Entscheidung treffen selbstverständlich die Eltern und diese Entscheidung ist zu respektieren.“

Sie empfehlen mir hier eine Empfehlung aus „medizinischer Sicht“ zu geben. Das Wort „Medizin“ wird von einer bekannten Suchmaschine folgendermaßen definiert: „Wissenschaft vom gesunden und kranken Organismus des Menschen, von seinen Krankheiten, ihrer Verhütung und Heilung“.  

Ich bin aber nicht Mediziner sondern Arzt. Mein Handeln kann nicht auf eine rein medizinisch / wissenschaftliche Weise reduziert werden. Ein guter Arzt wird in sein Handeln medizinische Wissenschaft und ärztliche Ethik integrieren. Sobald die Integration dieser gleichwertigen Aspekte unterbleibt, verlassen wir den Boden einer menschlichen Medizin.

Dieses Wissen um die Grundlagen einer menschlichen Medizin können nur wir Ärzte mit unserer Berufserfahrung vertreten. Ein Politiker kann sich im Nachhinein herausreden, er habe das nicht gewusst. Wir Ärzte hingegen bleiben verantwortlich.

Ich danke Ihnen für die Zeit, die Sie sich für mich genommen haben, aber da mein Konflikt zwischen ärztlicher Berufsordnung und IfSG weiterhin besteht, frage ich Sie als Vertreter* der Landesärztekammer:

1.      Welche konkreten Schritte unternimmt die SLÄK um den offensichtlichen Konflikt zwischen IfSG und ärztlicher Berufsordnung zu bereinigen?

2.    In welcher Form setzt sich die Sächsische Landesärztekammer dafür ein, dass in Sachsen schnellstmöglich zu dem zuvor allgemein bewährten Impfschema zurückgekehrt werden kann?

Der Konflikt belastet meine Arbeit weiterhin stark, weshalb ich die Sächsische Landesärztekammer dringend darum bitte, das Wegsehen zu beenden und an einer  ethisch und medizinisch vertretbaren Lösung zu arbeiten. Sollten Sie dabei meine Mitarbeit wünschen, bin ich gern bereit mich hier sachlich einzubringen.

Über eine konstruktive Zusammenarbeit und eine zeitnahe Antwort von Ihnen würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. Ingrid Heimke